Katz und Maus – Heinrich Manns „Professor Unrat“

professor unratBei manchen Büchern braucht man ja mehrere Anläufe. Mit diesem hier ging es mir so. Als ich nun aber ein zweites Mal anfing, war es mir ein großes Lesevergnügen.

Man fällt von einem Gefühl ins nächste – Unsicherheit, Mitleid, Scham, ja sogar Wut können einem aufkommen, wenn man sich mit dem Professor Raat einlässt, dessen ganzes Sein auf das „Fassen“ seiner ihn „Unrat“ schimpfenden Schüler ausgerichtet ist.
Heinrich Mann lässt den Leser des Professors Hass buchstäblich fühlen – Gift und Galle spritzen alle seine Worte und Gedanken. Wie er sich bewegt, der Herr Lehrer zwischen all den einfachen Geschöpfen, die der menschlichen Gesellschaft nicht würdig sind. Bis – ja, bis er auf die Künstlerin Fröhlich trifft, die dem „Unrätchen“ das Portemonnaie anzapft.

Es ist eine wahrlich tragische Symbiose eines rachsüchtigen, verbitterten Professors und einer geltungssüchtigen, aber liebevoll einfach gestrickten Seele, die bereitwillig seine Vergeltungspläne vorbereitet. Wundervoll, wie Mann die einfachen Leute ihren Dialekt sprechen lässt, dem Professor hingegen gedrechselte Sätze in den Mund legt. Man sieht sie alle förmlich vor sich, wie sie lachen, wie sie weinen, wie sie schwitzen und sich quälen. Die Verquickungen nehmen immer weiter zu und man fragt sich ernstlich, wo das Ganze eigentlich hinführen soll.

Die Beobachtungen des Menschseins im Allgemeinen sowie zwischenmenschlicher Machtverhältnisse im Besonderen sind entlarvend, amüsant und manches Mal auch geradezu erschreckend. Denn man kennt „den längeren Hebel“, den ein Lehrer häufig innerhalb des Schulgebäudes besitzt, weiß aber auch von der Grausamkeit, die Schüler außerhalb desselben zeigen können.

Wer sich also nicht gleich abschrecken lässt von einem schon etwas in die Jahre gekommenen Deutsch und ein bißchen Voyeurismus mitbringt, der wird sich bei dieser Lektüre vergnüglich die Hände reiben.

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