Tom Robbins – Schnappschüsse eines Lebens 1

“Disbelief in magic can force a poor soul into believing in government and business.”

Wer die Bücher des US-amerikanischen Schriftstellers Thomas Eugene Robbins liest, wird überrascht von einer nicht zu bändigenden Fantasie, gepaart mit einer Respektlosigkeit, die stets sozialkritische und philosophische Untertöne offenbart.

Seine Biografie indes ist nicht weniger spannend. Geboren wird er am 22. Juli 1936. Mit 11 Jahren arbeitet er zeitweise in einem Zirkus, mit 16 ist er das erste von insgesamt vier Malen verheiratet, mit 18 das erste Mal Vater.

Das Journalismus-Studium beendet er nicht, sondern trampt stattdessen eine Weile quer durch die USA. Dann meldet er sich freiwillig zur Armee, dient dort ein Jahr als Meteorologe in Korea, zwei weitere Jahre in Nebraska. Es folgt ein Kunst-Studium an der Virginia Commonwealth Universität, wo er nebenbei für die dortige College-Zeitung arbeitet. Nach einem herausragenden Abschluss zieht er nach Seattle, um dort fünf Jahre Kunstkritiken für die Seattle Times zu schreiben. Außerdem moderiert er eine Radiosendung.

In den 60ern macht Robbins seine ersten LSD-Erfahrungen, lernt Allen Ginsberg und – klar – Timothy Leary kennen. Ende der 60er dann zieht er nach La Conner (Washington) um, wo seine schriftstellerische Karriere wirklich beginnt. Im Laufe seines Lebens bereiste er Südamerika, Tansania, Japan und Timbuktu – Orte, die sich in seinen Schriftstücken wiederfinden lassen.

Insgesamt hat Robbins neun Romane verfasst, dazu Gedichte, Kurzgeschichten, Essays, Reiseberichte und diverse Zeitungsartikel. Sein wohl bekanntestes Werk „Even Cowgirls get the Blues“ wurde 1993 von Gus Van Sant verfilmt.

tom robbins

“To achieve the impossible, it is precisely the unthinkable that must be thought.” Jitterbug Perfume

Veröffentlichte Romane:

Another Roadside Attraction (1971) [dt. Ein Platz für Hot Dogs]
Even Cowgirls Get the Blues (1976) [dt. Sissy, Schicksalsjahre einer Tramperin]
Still Life with Woodpecker (1980) [dt. Buntspecht]
Jitterbug Perfume (1984) [dt. Pan Aroma]
Skinny Legs and All (1990) [dt. Salomes siebter Schleier]
Half Asleep in Frog Pajamas (1994) [dt. Halbschlaf im Frosch-Pyjama]
Fierce Invalids Home from Hot Climates (2000) [dt. Völker dieser Welt, relaxt!]
Villa Incognito (2003) [dt. Villa Incognito]
B Is for Beer (2009) [dt. B wie Bier: Ein Buch für große Kinder]

Tanz der Unsterblichkeit – Tom Robbins‘ „Jitterbug Perfume“

Ganz zufällig fiel es mir in Neuseeland in die Hände.“Oh, noch ein Buch von Tom Robbins“, dachte ich. 2 Dollar? Ok, gekauft. Das Cover hat mich nicht sehr angesprochen, aber hey, bisher war ich von seinen Büchern stets begeistert und dieses stammte aus den 80ern – da braucht man über Geschmack ja wohl weiter kein Wort verlieren.

Die Geschichte ist freilich ziemlich abgedreht. Es geht um einen germanischen König, ein indisches Mädchen, eine Kellnerin aus Seattle. Es geht um eine Parfümerie in New Orleans, eine große Parfumfirma in Paris und schließlich noch um Pan, den behuften Hirtengott und flötenden Verführer. Sie alle werden über die Zeit und den Raum im Laufe der Geschichte miteinander verbunden.Außerdem spielen auch Nypmhen, ein tanzender Professor sowie neidische Mönche eine nicht unwesentliche Rolle.

Vor allem aber geht es um das Leben, das zum Leben da ist, um die Gewissheit des Sterbens, die eben nicht gewiss sein muss. Und es geht um Religionen, sowohl um das Verschwinden der heidnischen Gottheiten mit dem aufkommenden Christentum, als auch um Sinn und Unsinn religiöser Akte.

Und über allem weht ein Hauch von Jasmin und Zitrus, den es festzuhalten gilt, wobei ein bestimmtes Wurzelgemüse außerordentlich wichtig ist.

Wie das Buch zu seinem Namen kam erklärt sich relativ spät, soviel sei gesagt – Jitterbug ist ein Tanz, der Ende der 30er Jahre in den USA aufkam. Der deutsche Titel „Pan Aroma“ ist zwar nachvollziehbar, allerdings eher schlecht gewählt. Dies reiht sich allerdings lediglich in frühere Deutschmachereien von Robbins‘ Buchtiteln ein, für die ich keinerlei Gründe erkennen kann. So wurde aus „Fierce Invalids Home from Hot Climates“ eben „Völker dieser Welt relaxt“ oder aus „Even Cowgirls Get the Blues“ machte man „Sissy, Schicksalsjahre einer Tramperin“.

Die Sprache von Robbins ist aufregend, spannend und immer wieder erstaunlich. Sie malt abstruse und dennoch verständliche Bilder, zieht Vergleiche, die ich so noch nie gelesen habe, und ist dennoch gut zu verdauen. Auch seine philosophischen Gedanken, die er oft in die Aussagen und Handlungen seiner Figuren einstreut, sind gut durchdacht mit einem Anflug von Rebellion gegenüber althergebrachten Denkweisen.

Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten. Denn erstens nimmt der Spannungsbogen doch rapide ab, je mehr man darüber weiß, und zweitens ist es eine ziemliche Herausforderung, die verschiedenen Ereignisstränge in wenigen Sätzen zusammen zu fassen.

Ich verbleibe daher mit: Es ist vielleicht nicht sein bestes, aber dennoch ein großartiges Buch, das man (vorzugsweise im Original) gelesen haben muss, und wer das nicht tut, dem entgeht nicht bloß ein sagenhafter Duft!